Kapitel 12 - Modernisierung nach dem 2. Weltkrieg
Das Bergwerk hatte den Krieg unbeschadet überstanden: es hatte keine Zerstörung durch Bomben erlitten und war auch nicht zum Schluß dem „Nero-Befehl“ zu Opfer gefallen. Das war wohl dem mutigen Einsatz von Johann Rummer und seiner Gruppe am 28.4.1945 zu danken, der ebenfalls die Kriegsgefangenen befreien wollte.
Für den Wiederaufbau wurde Kohle dringend benötigt. Die Soldaten kehrten heim, Vertriebene besetzten die Arbeitsplätze der Zwangarbeiter im Bergwerk. Die Barackenlager wurden für sie zu Behelfsunterkünften. Die Integration gelang wieder durch die gemeinsame Arbeit. – Westdeutschland konnte durch den Marshallplan einen unerwarteten wirtschaftlichen Aufschwung nehmen.
Die Experimente mit neuen Formen der Kohleverwertung im Dritten Reich, wie Kohlevergasung und – verflüssigung hatten für die Penzberger Kohle zu keinem Ergebnis geführt. Allein die Verstromung vor Ort, also die Ersparnis des Transportes der Kohle wurde als mögliche Verbesserung und vor allem auch Verstetigung des Absatzes in Aussicht genommen. Es wurden in den dreißiger Jahren Pläne für ein Kraftwerk in Penzberg entworfen, die aber erst nach dem Krieg umgesetzt werden konnten. 1951 nahm das Bundesbahnkraftwerk seinen Betrieb auf. 30 % der Fördermenge des Bergwerks kam hierher und wurde zur Dampferzeugung eingesetzt. Der Bau war noch auf eine weit größeren Anteil hin ausgelegt, die entsprechenden Kessel und Turbinen wurden aber nie eingebaut.
Mit dieser Abnahmegarantie konnten auch umfangreiche Investitionen in die Modernisierung der Grubentechnik unternommen werden.
Bereits Ende 1956 war die erste Phase der Modernisierung der Anlage abgeschlossen, die eine erhebliche Leistungssteigerung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen erbrachte. Das betraf vor allen Dingen die Übertageanlagen mit einer neuzeitlichen Schachtförderung, den Abtransport der Rohkohle über eine elektrifizierte Normalspurbahn zur Aufbreitung in Penzberg die Aufbereitung der Kohle in einer „Luftwäsche“ und einer modernen „Schwerflüssigkeitstrennanlage“. Spezialmuldenkipper ersetzten die Seilbahn zur Berghalde. Untertage wurden Gummi-Förderbandanlagen zur Abförderung der Kohle zu einer zentralen Ladestelle eingesetzt und die alten kleinen Förderwagen durch neue 3300 Liter fassende Großraumwagen ersetzt.
In einer zweiten Phase ab Ende 1959 wurde die Mechanisierung der Gewinnung angepackt und in nur drei Jahren realisiert. Auch die bekannt schlechten geologischen Verhältnisse standen einer Mechanisierung des Abbau nicht im Wege.
Neue, teils in der Grube selbst entwickelte Maschinen wurden eingeführt, etwa der Kohlenhobel und der wiederverwendbare Metallausbau im Streb. Dieser beendete die Holzwirtschaft der Grube, der Kohlenhobel konnte den Bergmann mit seinem Presslufthammer komplett ersetzten. Da die Einrichtung sich bewährte, wurde in Penzberg der Doppelkopf-Reißhakenhobel entwickelt und erfolgreich eingesetzt. Ab 1964 waren vier Doppelkopfhobel im Abbaubetrieb.
Das mühsame Auffahren neuer Strecken, das bislang noch per Hand erfolgt war, wurde durch eine spezielle Vortriebsmaschine ersetzt, deren Walze maschinell ihr Profil in den Berg schnitt. Ähnliche Anlagen werden noch heute im Ruhrgebiet eingesetzt. - Auch die Bandübergaben wurden komplett mechanisiert und liefen nun vollautomatisch mit elektronischer Überwachung. Große Brocken zerkleinerte ein Doppelwalzenbrecher.
Verbesserungen gab es auch bei der Sicherheit. Im Hohenbirkener Wetterschacht wurde ein sehr effizienter Grubenlüfter eingebaut, der vollautomatisch für frische Luft im ganzen Bergwerk sorgte, die eine Methan-Messanlage kontrollierte.
Sämtliche wichtigen Maschinenanlagen konnten von einer elektronischen Grubenwarte überwacht und gesteuert werden. Der Beruf des Bergmanns hatte sich mit dieser Automatisierung völlig verändert. Nicht mehr der mit Kohlestaub bedeckte Hauer, sondern der Techniker wurde zum Leitbild. Die Untertageleistung stieg von 3,2 Tonnen Rohkohle je Mann und Schicht auf 6,3 Tonnen, der verwertbare Anteil lag bei 2,5 Tonnen und entsprach damit der im Ruhrgebiet.
Die Penzberger Zeche war im Jahr 1964 voll automatisiert und erbrachte eine der besten Tageleistungen an Rohkohle im gesamten Gebiet der Montanunion Vorläufer der EU). Innovativer, unkonventioneller Unternehmergeist der Werksleitung, kreativer Tatendrang einer Handvoll begeisterungsfähiger Ingenieure sowie der Fleiß und die Flexibilität der Bergleute hatten dieses „Wunder“ vollbracht. Die Grube Penzberg wurde damit auf eine solide wirtschaftliche Basis gestellt, welche weitere Investitionen zuließ. Zum ersten Mal schrieb man solide schwarze Zahlen.
Um so bitterer war es für alle Angehörigen des Bergwerks, die Einstellung der Kohleförderung in Penzberg hinnehmen zu müssen. Der internationale Energiemarkt wurde umstrukturiert, politische Entscheidungen gegen den im Vergleich zum importierten Rohöl teuren einheimischen Kohlebergbau gefällt. Im Sommer 1965 wurde die Schließung des Penzberger Bergwerks beschlossen, am 30. September 1966 die letzte Schicht im Nonnenwald verfahren.
Auch der Betrieb in Hausham wurde stillgelegt und 1971 ebenfall der in Peißenberg, wo einige Penzberger Bergleute noch für einige Jahre in ihrem Beruf weitergearbeitet hatten.
Damit war die bayerische Pechkohle wieder in der Erde verschwunden.